Eine Wanderung an wildem Wasser, mit lichterloh brennenden Menschen, Kanonendonner und der Burgruine Dießenstein.
Mich erwartet eine herrliche Wanderung! Ich parke direkt an der Brücke bei der Ilz und gehe gleich mal ans laut rauschende Wasser.
Nach diesem Abstechter führt ein bequemer und ebener Waldweg nah am Wasser entlang. Die Ilz ist in ein tiefes Tal eingebettet. Im Flussbett liegen gerundete Kiesel, glattgeschliffene Steine und angeschwemmtes Treibholz.
Immer wieder nutze ich die Trampelpfade, die ans Wasser führen und stecke die Finger ins kühle Nass. Pflanzen wachsen wild durcheinander und halten nichts von Pflanzplänen.
Brombeeren, Waldmeister und violette Witwenblumen wechseln sich mit gelbem Springkraut und Kreuzkraut ab. Links steigt ist ein hoher, mit großen Felsen übersäter und bewaldeter Steilhang an.
Gehäuseschnecken kriechen gen Himmel, zerfledderte Schmetterlinge taumeln auf der Suche nach Nektar von Blüte zu Blüte. Efeu, Moos und Wurzeln überwuchern Felsen. In dem auenähnlichem Wald erinnern Waldgeißbart, Farne und zwitschernde Vögel an Märchen.
Ein Fliegenfischer versucht heute sein Glück im Wasser. Früher versuchten Perlenfischer ihr Glück im Wasser. Heute steht die Flussperlmuschel unter Schutz.
Von Menschen gemachte Umwelteinflüsse haben ihr den Garaus gemacht. Dabei könnte eine Flussperlmuschel bis zu 110 Jahre alt werden, wenn man sie ließe! Noch mehr Infos gibt´s in der Naturpark-Infostelle in Fürsteneck.
Jetzt säumt gelber Sonnenhut den nun schmalen Weg. Nach etwa 1 ½ Kilometer stapfe ich in ein Seitental, verlasse die Ilz und den Goldsteig. Ich folge dem Hinweis „Oberanschießing“.
Nach einigen Metern neben einem Bächlein windet sich der Weg im Fichtenwald steil nach oben. War der feuchte Boden bisher üppig grün, ist er jetzt von gelbem Springkraut bedeckt, das später von Glockenblumen und Nelken abgelöst wird.
Einige Höhenmeter später wird der Weg flach, führt aus dem Wald hinaus und steigt mit Blick auf hügelige Wiesen am Waldrand erneut an. Über einen asphaltierten Wiesenweg habe ich ein Dorf im Visier. Ich schaue noch einmal nach unten in das Tal des Schirmbachs.
Bei den ersten Häusern verlasse ich das Dorf gleich wieder. Der Wiesenweg lenkt an einer Photovoltaik-Anlage vorbei und bietet eine ausgezeichnete Sicht auf die Kirche St. Brigida von Preying und auf die Berge des Bayerischen Waldes.
Langsam senkt sich der Weg nach unten. Bei einem Bächlein markiert ein Schild den Beginn eines Naturschutzgebiets. Auf einem grasbewachsenem Weg gehe ich an Ginster und indischem Springkraut vorbei Richtung Wald.
Insekten summen. Hagebutten leuchten rot gegen den strahlend blauen Himmel.
Von unten kommt ein fast zugewachsener Weg mit Trampelpfad herauf, den ich nehme.
Schon höre ich die Ilz rauschen. Ein paar Minuten später bin ich wieder auf dem Ilztal-Wanderweg (gemeinsam mit dem Pilgerweg Via Nova). Auf dem wildromantischen Pfad geht es rechts durch Wald.
Das rauschende Wasser in den Ohren und den Blick auf die malerische Landschaft gerichtet, balanciere ich auf vermoosten Felsen am Wasser. Das ist die Dießensteiner Leite, die hier ihrem Namen gerecht wird: „Dießen“ heißt „rauschen“. Wie treffend.
In der Dießensteiner Leite treffen sich KanutInnen und Kajak-FahrerInnen regelmäßig zur Wildwasser-Regatta. Heute nicht.
An manchen Stellen wachsen gelber Sonnenhut und rosa-blühendes Indisches Springkraut um die Wette – und mir über den Kopf. Auch wenn die beiden wuchern und andere Arten verdrängen: Schön ist es hier trotzdem.
Ich entdecke gelben Fingerhut. Nicht weit und ich erreiche die Stelle mit dem Goethe-Zitat: „Die Natur ist aller Meister Meister…“.
Seitlich laden zwischen großen Felsen und neben laut rauschendem Wasser Metallliegen zur Rast ein. Das Wasser schäumt wild um die Felsen.
Wollte man sich unterhalten müsste man schon sehr laut sprechen, so laut ist das Wasser. Strudellöcher zeugen von der beharrlichen Kraft des Wassers.
Entspannt gehe ich noch ein Stück auf dem ebenen Pfad bis zur Infotafel „Oberes Ilztal – Ost“ weiter. Auf der anderen Uferseite steigt das Gelände steil an. An der Feuerstelle am Wasser mit Sandstrand und Sitzgelegenheiten mache ich schon wieder Pause.
Ich kehre um und wandere zurück. Von der Abzweigung, von der ich gekommen bin, nehme ich keine Notiz, gehe weiter am Wasser entlang.
Der Weg schlängelt sich am Hang entlang bis ein Pfad rechts abzweigt, der an ein steinernes Sitzkissen führt. Ich nehme Platz. Oh! Wie bequem!
Weiter geht es über eine Holzbrücke mit bewegter Vergangenheit: Die Ilz war früher die Staatsgrenze zwischen dem Bistum Passau und dem Herzogtum Bayern.
Die beiden Länder waren irgendwann so zerstritten, dass sie die Brücke zerstört hatten. So konnte keiner mehr über die Grenze gehen und weiteren Streit anzetteln.
Ein Pfad hangelt sich im Wald an einer alten Mühle vorbei, führt durch eine Art verwunschene Auenlandschaft im Tal. Ich passiere von Bibern hergestellte „Bleistifte“.
Einmal meint ein Wegweiser ich soll nach links oben Richtung Burgruine gehen. Die Versuchung ist groß da raufzuklettern. Aber ich wehre mich tapfer, gehe gerade aus weiter.
Ein alter befestigter und vergraster Weg lacht mich an. Ich lasse alle links abzweigenden Wege links liegen, will wissen, was um die nächste Kurve kommt. Ich gehe weiter und weiter, bin überrascht.
Als ich mich frage, wo ich da rauskomme, tauchen vor mir Markierungen und eine Bank auf. Ich sitze und schaue auf das tosende Wasser und die Felsen. Nur das Rauschen des Wassers ist zu hören. Gegenüber blitzen die Metall-Liegen zwischen den Felsen hervor.
Bevor sich die Raupen in meinen Rucksack einnisten, mache ich mich wieder auf den Weg. Der Trampelpfad neben dem Wasser endet im Gestrüpp. Also das kurze Stück zurück und dem markierten Weg nach oben gefolgt.
Selbst im monotonen Fichtenwald gibt es etwas zu entdecken: Wildwechsel und … Blumen. Nachdem ich das hinter mir habe, trete ich aus dem Wald. Vor mir liegt eine ansteigende Wiese.
Links am ehemaligen Bauernhof und an Butterpilzen vorbei zweigt ein Pfad nach unten Richtung Burgruine ab. Diesmal folge ich dem Wegweiser und tauche erneut in den Wald ein. Ein Schild weist darauf hin, dass die Burg Privatbesitz ist.
Die Burgruine hat mich bisher nicht sonderlich beeindruckt. Stehen von ihr doch nur mehr ein paar Mauerreste. Aber diesmal kommt alles anders!
In den Resten der Burgruine gräbt, schaufelt und werkelt jemand. Was der hier wohl macht? Interessiert spreche ich den Mann an – und erlebe mein blaues Wunder!
Er sagt, dass die Grabung sein Hobby ist. Er weiß viel über die Geschichte der Burg – und erzählt das sehr lebendig. Das letzte Stündchen hat der Burg im 18. Jahrhundert geschlagen.
Das kam so: Elisabeth-ich-weiß-nicht-mehr-welche-Herrscherin (Maria Theresia-war´s, danke Paul Donaubauer) sagt zum Pandurenführer Freiherr von der Trenck: „Schleif die Burg“. „Mach´ ich. Aber zum Hauen und Stechen brauch´ ich Leute. Öffne mir die Gefängnisse.“
Gesagt, getan. Und schon zieht der Freiherr mit seinem wüsten Trupp los, beschießt die Burg mit Kanonen. Ich sehe die Kanonenkugel von oben kommen und höre sie in der Burg explodieren. Die Kugelreste bleiben vor dem linken Tor liegen.
Freiherr von der Trenck geht mit einer brennenden Fackel in den Pulverturm. Wumms! Mit brennendem Gewand rennt er schreiend hinaus und wirft die brennende Uniform weg. Die Uniform ist hinter dem linken Tor auf den Boden gefallen.
Eine Aussage ergibt die nächste Frage: Woher weiß man, dass die Kugel und die Uniform dort und nicht woanders liegen geblieben sind? Auch das kann mir das wandelnde Burgruine-Dießenstein-Lexikon beantworten. Keine Frage bleibt unbeantwortet.
Zur Bauweise erfahre ich ebenfalls eine Menge Wissenswertes. Von einer Burg wurden zuerst die Türme und Außenmauern gebaut. Das hat schon mal was hergemacht, war so was wie ein Signal „Hier bin ich!“.
Der Turm war achteckig. (Ich glaub´ das war auch einer der beiden Hinweise, dass die Burg doch älter ist, als auf der Infotafel geschrieben steht?). Ein paar behauene Steine konnten gerettet werden. Sie liegen im Hof. Jedoch haben Vandalen der Jetzt-Zeit leider auch behauene Steine über den Steilhang hinuntergerollt, so dass sie verloren sind.
Maurer des 21. Jahrhunderts haben entgegen der Anweisung bei der Rekonstruktion einen Durchgang zugemauert. Ein Fleck stellt sich als Farbklecks, der spätestens aus dem 18. Jahrhundert stammt, heraus. Ich bin erstaunt, wie lange sich Wandfarben erhalten. So habe ich Wandfarben noch nie betrachtet…
Ich frage mich: „Ist der Mann Architekt?“ Irgendwie weiß er für einen Laien ziemlich viel, nicht nur zur Bauweise. Die Rede ist von unterirdischen Räumen, noch ungelösten Rätseln und von glühenden Steinen, vergrabenen Leichen, von Grenzen, Politik, Streit um Mautgebühren (manche Themen überdauern die Jahrhunderte) und, und, und…
Nach bestimmt einer Stunde oder mehr mache ich mich beschwingt vom Acker – besser gesagt vom Kampfplatz. Über den steilen Pfad steige ich nach unten zur Ilz.
Bald ist wieder die Brücke erreicht, von der aus die Burg ebenfalls beschossen worden ist. Nach der Brücke führt ein bequemer Weg flussabwärts durch Wald, trifft dann auf ein breites Wiesental. Nach einem letzten großen Felsen bin ich wieder am Ausgangspunkt.
So war`s: Der erste Teil der Ilz ist ein gemütlicher Spaziergang durch das schöne Ilztal auf naturnahen, bequemen Wegen mit schönem Wald, viel Grün und viel Wasser.
Bei Oberanschießing hat man eine schöne Aussicht, bevor man zur Dießensteiner Leite absteigt. Dort sind Pfad und Landschaft wildromantisch schön und laut – vom Wasser.
Von der Burgruine ist nicht mehr viel übrig. Aber mit dem neu erworbenen Wissensschatz wird das Leben auf der Burg quietschlebendig.
Sollte der Mann (übrigens der Besitzer und ein Archäologe mit Spezialgebiet Römer) da sein – unbedingt ansprechen. Da wird Geschichte lebendig. Ich fand´s total interessant.
Jetzt sehe ich die Burgruine anders – da tobt das Leben oder der Kampf! Und: Sollten sich in meiner Darstellung zur Geschichte der Burg Fehler eingeschlichen haben, so geht das auf meine Kappe. Dann habe ich aus der Erinnerung heraus etwas durcheinander gebracht.
Tourenhöhepunkte: Wasser, Felsen, Ausblick, wild schäumendes Wasser, Burgruine mit Privatführung :-)
Länge: 10,8 km
Start / Parken: Anfahrt: An der B 85 (Passau – Regen) auf Höhe bei Tittling auf die PA 32 Richtung Loizersdorf / Rappenhof abzweigen. Die PA 32 zweigt nach Loizersdorf im rechten Winkel nach links Richtung Schneidermühle ab. Schneidermühl liegt am tiefsten Punkt an der Ilzbrücke (Wechsel von der Straße PA 32 zur FRG 7). Bei der Brücke gibt es auf beiden Seiten einige wenige Parkplätze.
Markierungen: Goldsteig – unmarkiert – Iltzalwanderweg / Via Nova / rote 2 – rote 83 – Europäischer Fernwanderweg / Goldsteig
Wanderkarte:
Streckenbeschreibung: Vom Parkplatz an der Brücke folgt man flussabwärts auf der linken Seite der Markierung Goldsteig Richtung Schrottenbaummühle. Nach etwa 1 ½ Kilometer auf ebenem und bequemem Weg im Tal macht der Weg mitsamt dem Goldsteig einen Schlenkerer in ein Seitental. In diesem Seitental verlässt man den Goldsteig an der Stelle, an der ein Wegweiser geradeaus Richtung „Oberanschießing“ zeigt. Diesem Pfeil folgen. Der Waldweg führt weiter in das Seitental hinein und steigt dann durch Fichtenwald kurvig und steil bergauf. Der Weg ist nicht mehr markiert. Die Wege links nicht beachten.
Dort, wo der Weg in einer Rechtskurve ausläuft und eben wird dem ebenen Hauptweg weiter nachgehen. Er führt kurz danach an den Waldrand. Links erheben sich hohe Wiesenhänge. Dieser Weg endet an einer asphaltierten T-Kreuzung in den Wiesen. Hier nach links bis zur oben gelegenen Hauptstraße hochgehen. Auf dieser wenden wir uns nach rechts, spazieren etwa hundert Meter bis zu den ersten Häusern von Oberanschießing. Wir treffen auf einen links abzweigenden Straßenwegweiser Richtung Unteranschießing, dem wir ein paar Meter folgen. Am nächsten Feldweg rechts abzweigen. Über einen leicht abfallenden, aussichtsreichen Wiesenweg an einer PV-Anlage vorbei. Nach einigen Minuten sind das Schild „Naturschutzgebiet“ und ein kaum sichtbares Bächlein erreicht. Dieses ist von Pflanzen und Feldgehölzen eingerahmt.
Der nun vergraste Weg führt weiter zum Waldrand. Ein kurzes Stück am Waldrand entlang und dann macht der Weg eine Rechtskurve. Zu Beginn der Kurve zweigt links ein unscheinbarer, zugewachsener ehemaliger Waldweg nach unten ab. Er ist als Trampelpfad zu erkennen. Diesem bis zum Ilztal-Wanderweg mit der roten 2 / Via-Nova-Markierung (T-Kreuzung am Pfad) folgen. Für den Abstecher auf dem schön eingewachsenen, weitgehend ebenem Pfad rechts gehen, bis man aus dem Wald heraustritt (rechts sind Wiesenhänge, links eine Feuerstelle am Wasser, Infotafel „Oberes Ilztal – Ost“).
Auf demselben Pfad zurückgehen. Den Trampelpfad, von dem man heruntergekommen ist, links liegen lassen. Mit den Markierungen (u. a. Via Nova und Iltzal-Wanderweg) geradeaus weitergehen. Der Pfad wird zum Waldweg, der sich am Hang entlang schlängelt. Rechts fließt das Wasser der Ilz. Später verlässt man den breiteren Weg mit der roten 2 rechts nach unten anbzweigend. Ein kurzes Stück führt auf einen schmalen Pfad mit Geländer entlang. Danach erreicht man ein steinerne Kissen und die Brücke, die man überquert.
Nach der Brücke wendet man sich mit der roten 83 nach rechts, geht zwischen den zwei Häusern hindurch. Hinter der Mühle befindet man sich wieder in der verwunschenen Fluss-Landschaft der Ilz. Auf schmalem Pfad passiert man das Ilztal, geht an Biberspuren vorbei.
Im Wald zeigt ein Wegweiser nach links auf den Steilhang zur Burgruine – von hier kommt man später herunter. Es geht im Tal immer geradeaus. Markierungen fehlen. Alle links abzweigenden Wege solange ignorieren, bis man eine Bank erreicht. Von hier blickt man auf das Wasser der Ilz. Auf der gegenüberliegenden Uferseite blitzen die Metallliegen zwischen Bäumen und hohen Felsen durch.
Nach der Sitzgelegeneheit verführt ein Trampelpfad zum Geraudeaus-Weitergehen. Dieser endete jedoch im Nichts. Deshalb ab der Sitzgelegenheit dem markierten Waldweg nach oben – weg vom Wasser – folgen. Auf dem Hauptweg bleiben. Nach einer Rechtskurve stößt man auf Waldrand und Wiesen. Hier hält man sich an der T-Kreuzung links, geht am Haus vorbei bis kurz darauf ein Wegweiser nach links unten auf die Burgruine hinweist. Diesem Pfad folgen und rechtsvon der Burgruine steil zur Ilz hinunter.
Wieder im Ilztal auf bekanntem Weg rechts gehen, erneut die Brücke überqueren und und dann sofort wieder rechts. Der Weg ist mit dem Europäischen Fernwanderwegzeichen (grünes Dreieck auf weißem Grund) und dem Goldsteig markiert. Auf dem bequemen, ebenem Weg näher man sich wieder dem Wasser, geht weiter durch Wald. Einmal steigt der Weg etwas an, entfernt sich vom Wasser, fällt dann wieder ab. Die Ilz fließt jetzt unerreichbar weit entfernt rechts. Nun prägen Wiesen das breite Tal. Am Rand auf ebenem Weg entlang wandern, bis man wieder direkt an den Fluss gelangt. Nach einer letzten Linkskurve mit großem Felsen links trudelt man wieder am Ausgangspunkt ein.
Tiefster Punkt: ca. 360 über NN
Höchster Punkt: ca. 500 über NN