Ein bißchen bunt wollte ich es haben. Deshalb sollte meine Tour so tief liegen, dass noch Herbstlaub an den Bäumen hing. Da in höheren Lagen ab 700 Metern das nicht mehr der Fall war und die Wanderung auch noch kurz sein sollte, habe ich mich zum Wackelstein bei Solla aufgemacht.
Der Wackelstein im Bayerischen Wald ist ein Naturdenkmal / Geotop. Es ging schon mal das Gerücht um, dass ihn jemand vom Sockel gekippt haben soll. Was schade wäre, weil er wirklich beeindruckend ist.
Vom Parkplatz am Rand von Entschenreuth führt ein befestigter Weg über Wiesen. Im Sommer malt die Natur kräftige Farbtupfer an die Wegränder.
Nach wenigen Metern steigt der Weg leicht an und auf der dahinter liegenden Ebene sehe ich auf dem nächsten Hügel die „Waldlaterne“ in Saldenburg.
So schaut sie aus der Nähe aus:
Nach einem Linksschwenk gabelt sich die rote 84, die mich über den Wackelstein-Steig auf den Wackelstein bringt.
Der Weg folgt kurz dem Waldrand, wo daneben im Wald ein kleines Wässerchen ohne leises Plätschern fließt. Weiter geht es im schönen, herbstlich verfärbten Mischwald – das ist natürlich nicht immer so, ich meine, dass er herbstlich verfärbt ist.
Auf einem mit raschelndem Laub bedecktem Mini-Weglein geht es bergauf. Das Weglein (vielleicht ist es auch schon ein Pfad?) führt kurz zwischen Kiefern und Heidelbeersträuchern hindurch,
dann wieder durch Mischwald mit vielen Buchen.
Der Wegverlauf wechselt zwischen eben und ansteigend.
Schön ist es hier und an diesem nebligen Tag ist auch nichts los. Auf diesem Teil des Wanderweges ist mir sowieso noch nie jemand begegnet. Die meisten spazieren wohl von der Forststraße her zum Wackelstein. Aber das ist eine andere Geschichte. Ups! Was ist denn das?
Immer locken links und rechts naturnahe Wege, den markierten Weg zu verlassen, mich treiben zu lassen und um die nächste Kurve zu gucken, was dort kommt. Ich reiße mich am Riemen und bleibe tapfer auf dem nicht minder schönen, offiziellen Wanderwegepfad.
Der Waldweg wird zum Steig, geht vorübergehend in einen Hohlweg über, wo es mächtig steil wird. Viele Felsen und Bäume sind vermoost.
Je höher ich steige, desto mehr Felsblöcke liegen in der Gegend rum. Große und noch größere.
Es wird flacher und der Wald wirkt im Nebel ziemlich mystisch.
Irgendwann erreiche ich den Wackelstein, der wie eine Halbkugel mit flacher Oberfläche geformt ist.
Der 50 Tonnen schwere Felsen liegt nur mit einer kleinen Auflagefläche auf dem Untergrund auf. Phantastisch!
Eine Infotafel informiert über die Entstehung des Wackelsteins. Das ging ungefähr so: Im Karbon-Zeitalter (Kohlezeitalter), also vor ungefähr 300 Millionen Jahren (auf ein paar Jahre hin oder her kommt es nicht an), hat das Gestein tief im Erdinneren gejammert:
„Puh! Ist das heiß hier! Und eng ist es auch. Irgendwas drückt mich zusammen. Ich will hier raus!“
Hitze und Druck haben gewaltig aufs 600 Millionen Jahre alte Ausgangs-Gesteinsgemüt gedrückt.
Was also lag näher, als sich Platz zu verschaffen und nach oben auszuweichen, dem Himmel entgegen?
Dort, wo viel Platz ist?
Bei dieser Aktion hat sich der Bayerische Wald als Gebirge aufgefaltet. So kam das Unterste nach oben.
Später haben Verwitterung und andere Einflüsse den Bayerischen Wald wieder abgetragen. Weshalb man ihm von seiner einstigen Höhe von über 6000 Metern nichts mehr ansieht, er heute nur mehr ein Mittelgebirge ist. Manche ForscherInnen sagen, der Bayerische Wald sei sogar über 8000 Meter hoch gewesen. Also höher als der Himalaya!
In der Nähe hängen noch ein paar Felsen rum:
Irgendwann verlasse ich den Wackelstein wieder. Noch einmal verzaubert mich eine märchenhafte Kulisse.
Etwas abseits halten mich Kleinigkeiten auf: Wassertropfen
und Bäume voller Moos wie im Märchenwald
und lächelnde Bäume.
Ich schlendere an vielen großen, abgerundeten Felsen vorbei. Hier sieht man die Wollsackverwitterung sehr gut. Schaut aus wie Wollsäcke. Deshalb heißt die Verwitterung auch so.
Schön ist es hier. Ich weiß, ich wiederhole mich, aber manchmal muss es sein. In einer engen Kehre sehe ich das: einen abgebrochenen Baum.
Da hatte ich Glück, dass ich nicht neben dem Baum stand, als er gebrochen ist. An diesem Exemplar sieht man schön, dass sich die Bruchstelle in der Nähe der Baumpilze befindet.
Der Fruchtkörper des Pilzes zeigt an, wo die Gefahr lauert. An den Stellen, an denen die Pilze aus dem Stamm wachsen, ist der Baum innen schon so vom Pilz durchzogen, dass er morsch ist und jeden Augenblick brechen kann.
Das kann von einer Sekunde auf die andere passieren.
Der Steig führt am Hang entlang leicht abwärts, quert den Zigeunerbrunnen
und erreicht wuchtige, haushohe Felswände.
Bei diesen verweile ich länger, umrunde sie, quetsche mich durch eng ausschauende Spalten und Gänge, nur um festzustellen, dass sich das im Inneren gar nicht so eng und bedrängend anfühlt.
Der Ort hier hat eine super Ausstrahlung! Gar nicht beklemmend! Am liebsten möchte ich noch länger bleiben, aber ich habe noch zu tun heute.
Als ich jeden Felsen erkundet habe, mache ich mich auf die immer noch nicht rauchenden Socken. Der Pfad führt abwärts und es dauert nicht lange, bis der Weg flacher wird uns aus dem Wald hinausführt.
Nach wenigen Metern am Waldrand stößt der Wanderweg wieder auf den Weg, den ich vom Anfang kenne. Über die winterfest gemachten Wiesen und Äcker spaziere ich zurück. Dabei entdecke ich noch Reste von der Wildpflanze Johanniskraut, das nach dem Ethnologen Wolf-Dieter Storl eine Schutzpflanze ist.
Und zum Abschluss noch ein Farbklecks: Gründüngung.
Fazit: Ein tolles Naturerlebnis! Nicht nur der spektakuläre Wackelstein bei Solla beeindruckt, sondern auch die anderen Felsen, insbesondere die beim Steinernen Kirchlein, sind es wert, erkundet zu werden. Die Wegführung durch schönen Mischwald auf naturnahen Wegen (könnten auch schon als Pfade durchgehen) und auf Pfaden ist ausgesprochen idyllisch.
Was spricht dafür, die Runde in dieser Richtung zu gehen? Weil man beim Zurückgehen vom Wackelstein auf die hohen Felsen von oben zuläuft und sie von dieser Seite viel wuchtiger wirken.
Start / Parken:
Ich bin von Entschenreuth aus gestartet. Man kann auch von Loh oder vom Parkplatz bei der Abzweigung bei Erlau nach Thurmansbang losgehen. Aber von Entschenreuth aus ist die Runde am Schönsten. Unter winterharten Motorradfreaks ist das jährlich Ende Januar / Anfang Februar stattfindende Elefantentreffen im Hexenkessel von Loh / Solla bekannt. Genau dieses Loh ist hier gemeint.
94163 Entschenreuth liegt an der St 2322 zwischen Zenting und Saldenburg. Der Parkplatz liegt am Ende der Straße „Zum Wackelstein“, von Zenting kommend am Ortsanfang die zweite Straße links. Von Saldenburg kommend am Ortsende nach der 45-Grad-Kurve im Dorf die nächste Straße rechts.
Streckenlänge: ca. 4,3 km.
Gehzeit: 1 1/2 Stunden
Wanderkarte:
Wanderkarte zum Ausdrucken: siehe am Ende des Beitrags
Wegbeschreibung / Markierung:
Runde rote 84. Vom Parkplatz führt ein Wirtschaftsweg von Entschenreuth über Wiesen, steigt nach wenigen Metern an und schwenkt dann auf den Weg nach links Richtung Wald ein.
An der Abzweigung auf der Wiese selber steht kein Wegweiser. Aber man sieht den Wegweiser am Waldrand schon von Weitem. Beim Wegweiser am Waldrand hat man die Wahl, mit der roten 84 nach links oder rechts zu gehen. Ich bin rechts rum gegangen und immer dieser Markierung gefolgt. Links kommt man am Ende wieder zurück.
Nach dem Wackelstein folgt man der roten 84 Richtung „Steinernes Kirchlein“. Die Markierung verläuft teilweise zwischen und neben den Felsen hinab. Nach einer Kehre mit einem scharfen Links-Knick schlängelt sich der Wanderweg am Hang entlang, bevor mächtige, haushohe Felsblöcke auftauchen. Der Pfad führt wieder weiter nach unten, bis der Waldrand erreicht ist. Dort trifft man wieder auf den vom Anfang bekannten Weg und geht auf diesem zurück.
Tiefster Punkt: um die 450 m über NHN
Höchster Punkt: um die 600 m über NHN
Einkehrmöglichkeiten: keine
Da gehört Entschenreuth dazu: Gemeinde Saldenburg
Weitere Wanderungen in der Nähe:
- Aussichtsreich und viel zu sehen gibt es bei dieser Runde von Thurmansbang über Schloss Englburg und durch ein lauschiges Tal bis zum Diebstein. Start ist in Thurmansbang beim Skilift.
- Noch eine Wanderung mit vielen Höhepunkten: Rachelblick, Saldenburger See, Diebstein und ein Waldweiher wollen entdeckt werden. Start ist in Thurmansbang.
- Liebliche Wiesentäler, mäandernde Bächlein, sanfte Hügel und ein Bergsporn mit Burg wollen auf dieser Tour unbedingt erwandert werden. Start ist in Zenting.
- Die wilde Ilz. Wer hier nicht war, hat die wilde Ilz nicht erlebt. Die Dießensteiner Leite wartet auch noch mit einer Burgruine auf. Start ist Schneidermühle.
- Hier hat die Ilz nichts Wildes. Das ist eine bequeme Wanderung. Dafür gibt´s mit ein wenig Glück die Göttin der Morgenröte zu sehen. Start ist Schrottenbaummühle oder Kalteneck.
Wanderkarte: Fritsch Wanderkarte Nr. 60
Liebe Sonja,
vielen Dank für diesen (weiteren) Tip (von Dir) für unseren 2015-er Bayerwald-Urlaub. In der Nähe Saldenburgs sind wir auch schon 2014 zweimal gewesen: einmal mit demn Auto und einmal mit dem Motorrad. Den Wackelstein haben wir freilich nicht gesehen, das wird wohl eher mal eine Wanderung. Dafür haben wir den Bergfried der alten Saldenburg (oder Rittergut, oder was das ist….) gesehen. Die Lage auf dem Felssporn ist schon sehr doninierend 😎
Was die Entstehungsgeschichte des Wackelsteins betrifft, das erinnert mich an die Steine im Chemnitzer Schweizertal (http://www.alwins-blog.de/?p=6034)
P.S.: Das Elefantentreffen ist mir natürlich bekannt. Hier in Sachsen haben wir ein ähnliches, Jahrzehnte altes und traditionelles Motorradfahrer-Wintertreffen auf der Augustusburg im Erzgebirge
Lieben Gruß aus Sachsen und Thüringen,
Albrecht
Hallo Albrecht,
Saldenburg liegt ja fußläufig zum Wackelstein. Habt ihr in Saldenburg hinter dem Aussichtsturm auch die tollen Felsen mit den Schalensteinen gesehen? Die finde ich faszinierend.
Die Saldenburg war eine Burg. Der Turm, die sogenannten „Waldlaterne“ war einmal der Wohnturm, wird heute als Jugendherberge genutzt. Eine tolle Lage für eine Jugendherberge!
Liebe Grüße
Sonja
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