Der Triftsteig entlang von Ilz und Wolfsteiner Ohe

Grasbüschel wie Haare

In den höheren Lagen liegt noch Schnee. Schnee, auf den ich keine Lust mehr habe. Deshalb treibe ich mich derzeit in tieferen Lagen herum. Hier, an der Ilz schaut nämlich der Frühling schon vorsichtig um die Ecke.

Ausgewählt habe ich mal wieder den Triftsteig. Trift… was? Hä? Was ist das? Seit dem 18. Jahrhundert wurden lose Holzstämme vom Bayerischen Wald auf dem Wasserweg in die Donau „getriftet“, d.h. transportiert. Da ich nicht im 18. Jhdt. lebe und auch kein Holzstamm bin, hat mich das Auto und nicht das Wasser zum Parkplatz bei der Schrottenbaummühle „getriftet“.

Ich lasse mich auf der linken Ilz-Seite auf dem Goldsteig Richtung Passau flussabwärts treiben.

Stimmungsvolle Momente

Dieser Abschnitt ist ein „Sonntags-Klassiker“ für SpaziergängerInnen, weil: Der Weg ist sehr bequem, es gibt eine beliebte Einkehrmöglichkeit und man ist nah am Wasser. Das Wasser macht besonders zur Zeit der Schneeschmelze einen Höllenlärm. Das Laub hat zwar fast noch nicht ausgetrieben (das vorige Photo – ich gebe es zu – habe ich zu einer späteren Jahreszeit aufgenommen), aber es gibt buntes Laub vom letzten Herbst.

Vermooste Steine geben dem ganzen einen grünen Anstrich. Die violetten Leberblümchen mit ihren leberähnlich geformten Blättern sieht man nur zur früh im Jahr.

Leberblümchen – Die ersten Frühlingsblüher

Kurz darauf sind die Reste der Vergangenheit zu sehen: Eine steinerne Triftsperre. Über die führt heute eine kleine Holzbrücke, von der aus man einen Blick auf Schloss Fürsteneck erhaschen kann. Der Weg macht eine Linkskurve, in der die Wolfsteiner Ohe in die Ilz fließt.

Wolfsteiner Ohe mit Schlossblick im Sommer

Die zweite Ruhebank vor einem riesigen Felsen lasse ich wie schon die erste Bank links stehen und gehe an der nächsten Rechtskurve vom „Goldsteig“ weg, den steilen, schmalen Pfad auf den Berg Richtung „Schlossgaststätte“ hinauf.

Schloss Fürsteneck

Weil es gerade anfängt zu tröpfeln, besuche ich die Ilz-Info-Stelle des Naturparks auf dem Schloss. Ich bin sprachlos!!! Begeistert!!! Es gibt da einen tollen Film über die Ilz mit wunderschönen Bildern. Den Film hat u. a. Jürgen Eichinger gedreht. Jürgen Eichinger ist zwar angeblich nicht mit dem Filmemacher Bernd Eichinger verwandt, aber es muss so etwas wie das „Eichinger-Gen“ für supergute Filme geben. Der Ilz-Film macht so richtig Lust auf die Ilz, auch wenn ich die Ilz vorhin verlassen habe.

Der Film beeindruckt nicht nur mit wunderbaren Bildern, sondern ist auch sehr informativ. Er erklärt so manches, z. B., warum das Wasser der Ilz so dunkel gefärbt ist. Weil sie so dunkel ist, heißt sie ja auch „Die schwarze Perle“. Wie hier überhaupt die Flüsse nach ihren Farben beannt werden: Die blaue Donau (da fließt die Ilz bei Passau rein). Der grüne Inn… Aber ich schweife ab. Woher stammt nun eigentlich die dunkle Färbung? Der Ursprung der Ilz liegt im Inneren Bayerischen Wald. Dort gibt es viele Moore. Und das Wasser, das dort vorbeikommt, schwemmt aus den Mooren Huminsäuren aus, die das Wasser dunkel färben.

Jetzt weiß ich außerdem wie der Vogel heißt, den ich kürzlich hier gesehen habe: Gänsesäger. Leider ist er mir aus dem Photo geflogen… Der Gänsesäger heißt nicht etwa so, weil er Gänsen den Kopf absägt, sondern weil sein Schnabel, mit dem er Fische schnappt, sägezahnartig ist. Wie eine Säge eben. Außerdem komme ich mir bei dem Filmabschnitt über das Naturereignis „Eisgang“ kurz vor wie in der Antarktis, wenn Eisschollen treiben und sich stapeln.

Dann wandere ich noch ein wenig durch die Ausstellung bevor ich draußen die Speisekarte der Schlossgaststätte studiere. Leider ist es noch zu früh für Bärlauch-Schupfnudeln. Deshalb mache ich mich vollgepackt mit einem Rucksack voller Wissen wieder auf den Weg mit der Markierung „Triftsteig“. Beim Abstieg treffe ich auf eine Schnecken-Invasion.

Schnecken-Mimikri

Auf dem Photo sind die Schnecken auf dem Weg gut zu unterscheiden. Da bin ich dafür in die Knie gegangen. Von der stehenden Position aus waren sie nicht so einfach vom Weg zu unterscheiden. Da musste ich vorsichtig gehen, um nicht auf die vielen Schnecken zu treten.

Der schmale, steile Pfad führt nach links unten.

Schlosspfad

Im Tal führt der Weg nah am Wasser um den Berg herum. Hier gibt es nochmal eine Triftsperre.

Triftsperre an der Wolfsteiner Ohe

Die Sperren dienten dazu, das Holz aufzuhalten. Dann wurde es gezählt. Und es galt schon damals: Ein bißchen Schwund hat man immer. Nach so viel Natur-Idylle brauche ich jetzt etwas „Kultur“. Auf eine absoluten Neben-, Nebenstraße führt der Weg zwischen einer Hühnerfarm hindurch. Die Straße fällt rechts ungesichert steil ab. Ich frage mich, wie es sein kann, dass hier kein Straßengeländer vorgeschrieben ist? Wo es doch sonst überall Vorschriften gegen das Runterfallen aus Höhen von über einem Meter gibt? Wenn ich da runter schaue, wird mir ganz schwindlig und ich hoffe, es kommt kein rasendes Auto vorbei, das mich dazu zwingt, schnell auf die Seite und in die Tiefe zu springen.

An einer Bäckerei kürze ich den Triftsteig ab, weil ich keine Lust habe, im Quadrat zu gehen und folge gerade aus der „Via Nova“. Da gibt es noch mehr „Kultur“: Ein Schlachthaus. Soll man hier also über die Massentierhaltung und tierfreundliche Schlachtung meditieren? Warum sonst sollte der Pilgerweg „Via Nova“ da vorbeiführen? Weitere kulturelle Errungenschaften sind eine Pferdekoppel und ein Fischteich. Dann haben sich die WegeplanerInnen echt Mühe gegeben und einen schnurgeraden Weg entlang der schnurgeraden Wolfsteiner Ohe gewählt. Die Uferstreifen wurden zum Triften befestigt, damit sich die Bäume beim Triften möglichst wenig verhakten. Und weil hier wohl wenig los ist, ist das Kalb wahrscheinlich ganz froh darüber, dass ich vorbei komme. Da rührt sich endlich mal was!

Große Preisfrage: Sind Kälber Rinder?

Beim Stichwort Kalb fällt mir ein Erlebnis in mehreren Restaurants ein: Wenn „Kalb“ empfohlen wird, sage ich: „Ich esse kein Rindfleisch.“ Die Bedienung sagt: „Das ist kein Rindfleisch, das ist Kalb.“ Na so was! Ich dachte immer, das Kalb sei der Nachwuchs von der Kuh? Und wenn die Kuh ein Rind ist, warum soll dann das Kalb kein Rind sein? Man lernt eben nie aus. Tststs…

Danach wird der Weg wieder naturnäher. Er profitiert eindeutig von einer anderen Jahreszeit. Deshalb hier ein Sommerphoto:

Sommer an der Wolfsteiner Ohe

Später mündet in den Triftsteig der „Künstlersteig“ mit Gedichten des Fürstenecker Künstlers Josef Fruth ein.

Josef Fruth

An der Markierung „Rückweg Künstlersteig“ hat mich ein kleiner Bach in seinen Bann gezogen. Eine wunderschöne Miniatur-Landschaft mit Mini-Bach, Mini-Seitentälern und Mini-Hügeln wie für Mini-Menschen gemacht. Vielleicht kommen da gleich die 7 Zwerge um den Hügel rum-gelaufen? Ich schnuppere noch ein wenig am Fenchelpilz (der duftet nach Fenchel, manche sagen nach Anis), lese die Texte von dem Künstler Josef Fruth und höre einem exotisch klingendem Vogel zu.

Dann mache ich aus dem Abstecher einen Rundkurs, indem ich oben am Waldrand der Markierung „Künstlersteig“ nach links folge. Die jetzt folgende Hälfte des Künstlersteigs ist anders. Wie soll ich es beschreiben?

Am Künstlersteig

Wäre ich den Steig anders rum gegangen, wäre ich vorzeitig wieder umgekehrt. Aber am Bächlein links rum hat er sich wirklich gelohnt. Ich lande dann wieder bei „meiner“ Abzweigung und folge wieder dem Triftsteig.

Birken

Ein Steilabbruch ist zwischenzeitlich wieder repariert. Letztes Jahr hatte ein „Bergrutsch“ den Wanderpfad hinweggefegt. Es sah aus, wie ein kleiner Muränen-Abgang, überall lose, sandige Erde. Damals musste ich mir einen anderen Weg suchen. Aber jetzt ist er besser denn je befestigt und mit Geländer gesichert.

Gesichertes Gelände(r)

Der Buchfink versperrt mir den Wanderweg und lässt sich bei seiner Nahrungssuche von mir nicht stören. Da bleibe ich stehen und schaue ihm bestimmt 5 Minuten lang zu.

Buchfink – Mimikri

Dann folgt ein etwas eintöniger Abschnitt durch moosbewachsenen, dichten, monotonen Fichtenwald. Hier wächst kein Kraut auf dem Boden, weil es viel zu dunkel ist. Ein Naturereignis wie ein Sturm oder der Borkenkäfer würde zum Verdruss der WaldbesitzerInnen hier den Wald etwas auflichten und für mehr Vielfalt sorgen. Immerhin ist der Weg ein Waldwirtschaftsweg und keine Forststraße. Man muss halt auch die positiven Seiten sehen. Dann taucht auch schon das E-Werk auf. Ich sehe Biberspuren und überquere dann die Brücke. Es geht am Kanal entlang und dann wieder über eine Vorrichtung zum Stauen des Wassers.

Der Pfad führt den Hang hinauf. Das Geländer ist weggebrochen, der Pfad ist schmal und fällt steil ab. Das ist nichts für mich. Mit Hilfe der Wanderkarte suche ich einen Ausweg aus diesem Dilemma. Ich gehe bis zur Brücke zurück, wende mich rechts bergauf. Oben, wo es flach wird, ist eine Lichtung. Ziemlich am Ende davon hat ein freundlicher Mensch eine kleine Schneise durch den dichten Wald nach rechts unten geschlagen. Da komme ich wieder auf den Pfad.

Neben der Wolfsteiner Ohe

An der Kreuzung, an der links der Triftsteig Richtung „Loizersdorf 2,2 km“ weiterführt, mache ich einen kurzen Abstecher auf der Via Nova  nach rechts zur  Hängebrücke. Man beachte die Regenschutz-Hauben!

Hängebrücke nach Altreut

Auf dieser wackeligen Brücke muss ich Gott sei Dank nicht sie Flussseite wechseln. Es gibt Wagemutigere als mich. Dann kehre ich zur Kreuzung um und folge auf Waldwegen wieder der bekannten Markierung durch Wirtschaftswald. Es geht aus dem Wald raus, am Waldrand kurz auf Asphalt und dann auf Wirtschaftswegen über Wiesen im Quadrat mit einem schönen Blick auf die noch schneebedeckten Berge im Hintergrund.

Schnee im Hintergrund

Die Wegführung ist abwechslungsreich über Wiesen, durch Wälder und zwei Dörfer. Auf teilweise grasbewachsenen Wegen geht es auf und ab, über einen Bach und an einer Ruine vorbei und trotz Kulturlandschaft ist die Wanderung reizvoll. Dann erschrecke ich, weil es am Boden laut raschelt und ich nichts sehe. Was ist das? Geister vom nahen Schloss Fürsteneck? Fast trete ich drauf: Massig viele Frösche tummeln sich am Boden. Es ist wieder wie bei den Schnecken: Aus erhöhter (stehender) Position sind sie vom Untergrund fast nicht zu unterscheiden. Es ist ein richtiges Kuddel-muddel.

Frosch – Mimikri an Land

Frosch – Mimikri im Wasser

Zum Schluss leitet der Weg steil zur Ilz runter, wo die Welt auf dem Kopf steht.

Ilz-Impressionen

Es fängt wieder an zu tröpfeln.

Eine kreisrunde Sache

An der Ilz lockt jetzt linkerhand die Gaststätte Schrottenbaummühle zur Einkehr.

Anfahrt und Start: Schrottenbaummühle auf dem Weg zwischen Tittling und Röhrnbach. (Alternativ kann man auch von Loizersdorf oder Kalteneck losgehen). Der Markierung „Triftsteig“ mit Abstechern und Abkürzungen folgen.

Markierung: Triftsteig

So hat mir die Wanderung an der Ilz gefallen

Jetzt wird`s schwierig. Die Tour hat ihren Reiz, aber die Naturnähe des Wassers ist am Regen oder an bestimmten Abschnitten der Ilz mehr. Trotzdem gebe ich 2,5** her. Einen halben Punkt Abzug gibt es für den km „Kulturlandschaft“ nach Schloss Fürsteneck.

Länge: Ich war ca. 15 km unterwegs.

Dauer: Je nach Tempo ganz verschieden, zwischen 4 und 5 Stunden.

Tiefster Punkt: Irgendwas um 330 Meter

Höchster Punkt: Das wird wohl etwas um 460 Meter sein.

Wo es dazugehört: Verwaltungsgemeinschaft Perlesreut, Landkreis Freyung-Grafenau

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3 Antworten zu Der Triftsteig entlang von Ilz und Wolfsteiner Ohe

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