Durch den Klosterfilz und Großen Filz

Die bequeme Wanderung macht Spaß, da sie gleich mehrere Höhepunkte bietet: Vom Sturm gebeutelte Fichtenwälder, Moore und lichte Birkengruppen im Nationalpark, Wolfsgruben und die Chance, einen Schatz zu bergen.

Lauter schöne Sachen.

Los geht`s vom Parkplatz „Filzwald“. Die Richtung ist mit der Markierung „Kreuzotter“ vorgegeben. Die bis zu 70 cm lange Kreuzotter ist die einzige einheimische Giftschlange. Aber keine Angst! Auch wenn sie Giftzähnchen hat und die schwarze Version den schönen Namen „Höllenotter“ trägt, ist eine Begegnung mit ihr ein Grund zur Freude. Im Ernst! Wenn man ihr über den Weg läuft, dann bitte nicht auf sie treten und sie auch nicht töten (ja, das gibt es wirklich!). Sie gehört nämlich zu den Rote-Liste-Arten.

Vom Parkplatz geht man zwischen Rastbänken und „WC“ (solche gibt es viele im Nationalpark, wobei man sich keiner Illusion hingeben sollte: Das „W“ gibt es nicht, sondern nur das „C“.) in den Wald hinein. Ziemlich bald kreuzt man die Forststraße und durchwandert ein „Katastrophengebiet“ namens Sturm und Borkenkäfer.

Was der Mensch als Katastrophe sieht, ist für die Natur allerdings eine Chance. Dichter, gleichaltriger Wald lässt nur wenig Licht auf den Boden fallen, so dass kaum etwas wächst. Die Tier- und Pflanzenwelt fällt mager aus. Störungen wie der Orkan „Kyrill“ und eine damit einhergehende Borkenkäfervermehrung oder Schneebruch gebären Vielfalt. Übrigens befindet sich lt. Bayerischem Waldbericht 2011 der Schwerpunkt des Fichtenborkenkäfers in Oberfranken und in der Oberpfalz.

Ich weiß noch, wie der Filzwald hier früher ein dichter, dunkler Fichtenwald war. Heute ist er ein Flickenteppich aus Licht und Dunkel.

Auf den Holz-Bohlen sonnen sich Eidechsen, die der Kreuzotter schmecken. Weiter geht es durch das Moor oder auch an dessen Rand entlang. Randbereiche von Mooren mit Sonnenplätzen, niedrigen Heidel- oder Rauschbeeren-Sträuchern und angrenzenden lichte Fichtenwäldern sind bei Kreuzottern beliebt. Da Moore lange Zeit trockengelegt wurden, ging dieser Lebensraum für diese Tierchen verloren. Das ist einer der Gründe für das Verschwinden der Kreuzotter. Gut, dass Moore wieder renaturiert werden. Dann wachsen auch wieder mehr Frösche, einer weiteren Delikatesse auf der Speisekarte der Kreuzotter.

Hier könnte Froschnachwuchs heranwachsen

Gut auch, dass Störungen den Wald lichten. Kreuz und quer liegende Bäume bieten den Kreuzottern sowohl Tagesverstecke, als auch offene Flächen für das eine oder andere Sonnenbad.

Am Besten hat man immer eine Motorsäge im Rucksack

Nach „erhellenden“ Störungen kommt Leben in die Bude. Plötzlich fällt Licht auf den Boden. Das ist die Chance für Gräser, Blühpflanzen und Sträucher. Insekten wie Wildbienen, Käfer und Schmetterlinge summen und wuseln, setzen sich auf die Blüten, um Nektar zu trinken. Gleichzeitig bestäuben sie die Blumen. Daraufhin bilden sich Samen, die wiederum von Ameisen oder Mäusen weggetragen werden. Mäuse ziehen Kreuzottern, Eulen und andere Greifvögel an. Ich kann es mir ja nicht vorstellen, dass Mäuse so gut schmecken sollen. Aber bei Kreuzottern gehören Mäuse zu den Leckerbissen. Sie lieben sie so sehr, dass sie 10 – 15 im Jahr davon verzehren.

Langsam wächst wieder Baum-Nachwuchs nach, der auf den Boden weniger Licht durchkommen lässt. Im Lauf der Zeit wächst alles langsam wieder zu, so dass die Vielfalt wieder abnimmt. Das dauert so lange, bis der Kreislauf mit einem „Ereignis“, das auch bloß ein einzelner, umfallender Baum, sein kann, wieder von vorne beginnt. Es ist ein ewiges Kommen und Gehen. Das ist wie bei den Elchen. Die waren hier mal heimisch, sind irgendwann verschwunden und kehren jetzt wieder zurück. Wenn man die Natur machen lässt, nimmt die Vielfalt wieder zu.

Ein Fundstück

Jetzt queren wir die Nationalparkstraße. Rechts vom Parkplatz „Diensthüttenstraße“ führt die Kreuzotter in dunklen Fichtenwald. Hier sieht man die geringere Vegetationsvielfalt. Das ist ein schöner Kontrast. Der grün bemooste Boden hat trotzdem seinen Reiz, wirkt bei Nebel fast schon mystisch. Lauern da nicht Elfen, Kobolde und Gnome hinter der nächsten Biegung? Oder war es doch ein Zwerg?

Wer hat da mit dem Pinsel Zwerge gemalt?

Über die Große Ohe geht es durch Mischwald und an einem Spielplatz vorbei an den Rand von Guglöd, einem ehemaligem Glatthüttendorf mit einem schönen Blick auf den Lusen.

Der Lusen von Guglöd aus gesehen

Wieder wandern wir zwischen Buchen, Fichten und ein paar Felsen, kommen am geschütztem Bärlapp vorbei. Später kreuzen wir wieder die Nationalparkstraße und gehen einen knappen km auf einer Forststraße entlang. Das ist auf dem ansonsten abwechslungsreichen Weg schon auszuhalten. Wir verlässt vorübergehend den Nationalpark, wandern durch Wirtschaftswald und landen auf der kleinen Straße nach Siebenellen. Jetzt ruft die Kulturlandschaft. Ein halber km auf der Straße ist auszuhalten. Man sollte sich unbedingt umdrehen und einen Blick zurück auf den Rachel werfen.

Nach dem Wirtshaus zweigt der Weg nach rechts ab, wo wir zwischen Wiesen und am Rand einer Feuchtwiese wandeln und den Wald wieder betreten. Den fast schon Rollstuhl tauglichen Weg säumen Fichten und Heidelbeersträucher und wir erreichen die Wolfsgruben.

Die Gruben sind zwischen den Heidelbeersträuchern nur zu erahnen. Mit diesen Gruben wurden viel, vieeel früher, Wölfe mit Hilfe einer Ente gefangen. Man hat Wölfen nachgestellt, weil sie nicht gern gesehen waren. Schon damals gab es deshalb einen „Wolfsbeauftragten“. Pech hatte der „Wolfbeauftragte“ eines Dorfes, wenn ein Nutztier geschädigt wurde. Dann war dieser Mensch der Sündenbock, er wurde eingesperrt oder aufgehängt. Wie die Wölfe in den Gruben gefangen wurden, kann man auf den Infotafeln lesen.

Aber das mit dem Wolf war nicht immer so. Noch viel, vieeel früher war der Wolf ein hochgeehrtes Tier. Deshalb wurden Menschen gerne nach ihm benannt: „Wolfgang und Wolf“ gehen auf diese Tradition zurück. Wölfe sind übrigens scheue Tier.

Es gibt im Bayerischen Wald Orte oder Plätze, die heißen so: Wolfsteiner Ohe, Biberbach, Bibereck, Bärndorf, Luchsstein, Wolfau usw. Worauf die Namen wohl zurückzuführen sind? Und was ist mit „Handschuh“ und “Bierhütte“? Auweia, jetzt glaube ich, bin ich von der Wanderung abgekommen, obwohl man sich wirklich nicht verlaufen kann. Sie ist bis auf die Stelle, wo man bei Siebenellen auf die Straße kommt (dort nach links der Straße folgen – aber da sind wir ja jetzt schon weit davon entfernt), sehr gut ausgeschildert. Zurück zu den Wolfsgruben. Der Pfad schlängelt sich am Rand des Filzes dahin. Gräser und Moorbirken säumen den Holzbohlenweg.

Ich

Wenn man sich umdreht (schon wieder umdrehen! – vielleicht sollte man überhaupt rückwärts gehen?) sieht man wieder den Lusen (außer es ist neblig).

Filigrane Kunst am Wegrand

Und dann erreichen wir an den Goldwaschplatz. Hier wurde wirklich Gold gewaschen und man kann sein Glück auch heute wieder versuchen. Bei den derzeitigen Goldpreisen sollte man darüber nachdenken.

Der Ortsname „Reichenberg“ kommt auch nicht von ungefähr. Nachdem wir die Infotafeln studiert und auf den Bänken gerastet haben, gehen wir die paar Meter wieder zur „Kreuzotter“ zurück, folgen ihr noch ein Stück auf dem Pfad und am Wasser entlang.

Eine aufgelassene Trift rundet das Ganze ab. Dann verlassen wir den Wald und erreichen eine Kulturlandschaft.

Kulturelle Vielfalt

Der letzte Kilometer führt über eine etwas eintönige Forststraße. Aber nachdem wir schon eine Weile unterwegs waren, ist das auszuhalten. Zum Schluss sind wir sowieso nicht mehr so aufnahmefähig und froh, dass es schnurstracks zum Parkplatz geht.

Infos

Anfahrt und Start: Auf der Nationalparkstraße von Spiegelau nach Richtung Altschönau fahrend ist rechts der Parkplatz „Filzwald“. Das ist der Parkplatz vor dem bekannterem Parkplatz „Diensthüttenstraße“.

Strecke: Vom Parkplatz zwischen den Sitzbänken in den Wald hinein. Nach wenigen Metern die Forststraße kreuzen und immer der Markierung „Kreuzotter“ (die Richtung ist Guglöd) folgen. In „Siebenellen“ fehlen Markierungen. Dort der Teerstraße nach links folgen. Dann kommt rechts ein Wirtshaus und kurz darauf links ein Parkplatz. Da führt der nun wieder gut beschilderte Weg rechts rein. Und immer weiter der Kreuzotter folgen.

Markierung: Durchgehend Markierung Kreuzotter

So hat mir die Moorwanderung im Nationalpark Bayerischer Wald gefallen

Super abwechslungsreich auf überwiegend schönen Wanderwegen und -pfaden. Da können auch die kurzen Abschnitte auf der Forststraße und dem Teersträßchen nichts dran ändern.

Länge: 12 km, Dauer ca. 3 – 4 Stunden

Tiefster Punkt: Bei Siebenellen ca. 730 m

Höchster Punkt: bei Guglöd ca. 820 m

Anspruch: Leichte Wanderung mit nur wenigen Höhenmetern Unterschied.

Wo es dazugehört: Gemeinde Sankt Oswald-Riedlhütte, Landkreis Freyung-Grafenau

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7 Antworten zu Durch den Klosterfilz und Großen Filz

  1. Sabine sagt:

    Obwohl Sie aus- und fortgebildet sind, erstaunt mich, was Sie so alles sehen :-o
    Danke für die wunderbare Tour durch den Nationalpark mit den schönen Fotos und so vielen Details! Bei meinem nächsten Urlaub im Bayerischen Wald werde ich bewusst genauer hinsehen und mich mal öfter umdrehen. Das mit dem rückwärts laufen überlasse ich den Profis ;-)

    • Sonja Berndl sagt:

      Hallo Sabine,

      ich staune selber immer wieder darüber, was ich so sehe. :-) Übrigens photographiere ich mit einer kleinen, handlichen Digitalkamera.

  2. Pingback: Der Nationalpark auf ARTE | bayerischer-wald-wandern-blog.de

  3. Georg sagt:

    Erst heute bin ich auf deinen Wanderblog gestoßen – und habe mir gerade deinen Bericht über einen uns altbekannten Weg mit Spannung durchgelesen. Wir sind die Strecke (vielleicht war damals die Streckenführung noch anders, so genau weiß ich das nicht) vor genau 30 Jahren zum ersten Mal gegangen, und damals sah die Landschaft ja noch völlig anders aus. Vor wenigen Jahren haben wir dann zum wiederholten Male nah beim Nationalpark eine Ferienwohnung angemietet (in Neuschönau), und da stachen die Veränderungen geradezu ins Auge.

    Dein Bericht spiegelt sehr schön die Eindrücke die ich (oder wir) gewonnen haben. Und trotz dieser Veränderungen gefiel uns der Besuch nicht weniger als bei den Ferienaufenthalten zuvor.

    • Sonja sagt:

      Hallo Georg,

      ja, das kann ich mir vorstellen, dass das vor 30 Jahren anders ausgesehen hat. Da war der Nationalpark noch blutjung. Die Natur hat etwas Zeit gebraucht, um was Schönes und Interessantes draus zu machen ;-)

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